Viel Wasser und hohe Passstrassen

Veröffentlicht in: 2025, Reise | 1

Von Donnerstag, 26. Juni bis Sonntag, 29. Juni 2025

Nach drei Tagen verabschieden wir uns von unserem wunderbaren Stellplatz in Jermuk und fahren diesmal auf der guten Strasse wieder zurück auf die Hauptstrasse. Es geht weiter in Richtung iranische Grenze, wieder durch einige Canyons hindurch, dann bis auf 2345 Metern Höhe über den Vorotan Pass. Viele alte iranische LKWs kriechen den Berg hoch und müssen immer wieder anhalten, so auch zuoberst beim Vayots Dzor Denkmal. Hier ging auch die armenische Seidenstrasse darüber.

Gleich hinter der Passhöhe sehen wir ein altes Bergwerg, das wie viele andere Gebäude in Armenien am Verrotten ist. Weiter der Strasse folgend sehe ich eine Tankstelle, wo der Liter Diesel 370 Dram kostet (79 Rappen). Ich hoffe, dass der Diesel gut genug ist und tanke voll. Gleich nebenan gehen wir im Food Court etwas Kleines essen. Die zwei Ladies wollen das WoMo sehen. Eine will in die Schweiz kommen und heiraten. Pech für sie (Glück für mich), ich bin genau seit 28 Jahren verheiratet… 😝😜.

Alte Steinringe
Bald erreichen wir die Zorats Karer. Das sind aufgestellte Steine aus der Bronzezeit (ca. 18. Jahrhundert v. Chr.) und gilt als armenisches Stonehenge. Wir laufen eine Runde. Ebenso eindrücklich ist das nahe Blumenfeld. Wir kochen auf dem Parkplatz und kommen mit einem Franzosen ins Gespräch. Er empfiehlt uns einen Stellplatz am Tolors Stausee. Da fahren wir hin, ist ja nicht mehr weit weg. In Sissian kaufen wir noch ein, dann gehts den Berg hoch. Und tatsächlich: Der Stellplatz bei der eigentlich versunkenen Kirche ist wunderschön, auch wenn der Wind ziemlich stark bläst. Da der See wenig Wasser hat, ist die Kirche wieder an Land. Als wir so vor dem WoMo sitzen, kommt ein Cowboy auf seinem Pferd vorbei, das Fohlen läuft mit. Er schaut nach seiner Herde, die in kleinem Abstand zu uns grast.

Viele Frauen am Wasserfall
Nach einer sehr ruhigen Nacht am See fahren wir durch Sissian zum Shaki Wasserfall. Als wir ankommen, fliesst nur wenig Wasser. Bald kommt eine grosse Frauengruppe, plötzlich steigt der Wasserpegel. Auch wenn viele der Frauen nasse Füsse bekommen, einen schnellen Abgang gibt es dennoch nicht. Gefühlte 100’000 Selfies werden geschossen, immer wieder die gleichen. Ich warte und warte und warte, bis die Frauen sich verabschieden und ich endlich die Drohne fliegen lassen kann. Als wir wieder zurücklaufen, stehen schon viele kleine Tourbusse mit vielen Schülern auf dem Parkplatz.

Herrliches Bad
So geht es weiter, wieder durch Sissian hindurch zum Kloster Vorotnavank. das liegt auf dem Weg zu den Vorotan Hot Springs. Das Kloster haben wir schnell gesehen, es ist eher klein und sieht so aus, wie eigentlich alle hier in Armenien. Zudem wird es gerade renoviert. Die Hot Springs erreichen wir wieder einmal über eine staubige Holperstrasse. Es sitzen schon einige Armenier im Wasser, die sich als sehr aufdringlich entpuppen, sobald ich auch drin sitze. Vor allem der Älteste unter ihnen (hat wohl schon zu viel Bier intus) ist laut und kommt mir ziemlich nahe. Ich solle ihm ein Ticket in die Schweiz besorgen. Na, dann prost! Es gibt wenige Momente, wo wir das Bad für uns haben. Es hat ungefähr die gleiche Temperatur wie in Jermuk und riecht auch ähnlich nach Eisen. Auf jeden Fall tut es gut, nach dem vielen Staub auf den Strassen wieder einmal porentief rein aus dem Wasser zu steigen.

Wieder über die Berge
Als wir uns orientieren, wohin wir fahren wollen, finden wir heraus, dass die Strasse gleich hier im Tal 20 Kilometer über die Berge nach Tatew führt. Seit kurzem ist sie offenbar geteert. Also müssen wir nicht wieder einen Umweg fahren. Die Strasse führt bis über 2100 Metern Höhe. Viele iranische LKWs kreuzen uns im Schritttempo. Die Strasse ist tatsächlich sehr gut ausgebaut und für einmal ist es kein Problem, durch Schluchten und über Berge zu kommen.

Das Kloster Tatew wurde im 4. Jahrhundert gegründet und gilt als eines der wichtigsten in Armenien. Es steht als Symbol gegen den Unitarismus. Freies Denken war hier immer wichtig, so sagt eine Infotafel. Im Inneren des Klosters segnet ein Priester (sieht wie der Samichlaus aus!) viele Gläubige. Wir parkieren unser WoMo auf dem Parkplatz der Seilbahn «Wings of Tatew» und gehen im Café nebenan etwas essen. Die Seilbahn ist mit 5753 Metern momentan die längste der Welt und führt ohne Masten über eine Schlucht. Und wer hats gemacht? Garaventa aus der Schweiz zusammen mit Doppelmayr aus Österreich. Bald kehrt auf der Anlage Ruhe ein. Wächter Arthur begrüsst uns und erlaubt das Übernachten.

Tristes Kapan
Wir nutzen am Morgen die Gelegenheit, dass die Dame auf dem WC erst nach 9 Uhr kommt und das Behinderten-WC offen ist. Als die Barriere offen ist, fahren wir die 50 Kilometer nach Kapan. Es geht wieder bergauf und bergab. Immerhin ist die Strasse grösstenteils gut geteert. Als wir dort ankommen, merken wir schnell, dass die Bergbaustadt im Südkaukasus wohl nie einen Schönheitswettbewerb gewinnen wird. Alles ist ziemlich veraltet, der Lunapark rostet vor sich hin, die Bahnen sind wohl schon lange nicht mehr bewegt worden. Nach langem Laufen finden wir einen Imbiss. Leider sind gerade die Fleischspiesse ausverkauft (kann ich zwar nicht glauben). So gibt es ein ganzes Poulet und Pommes.

Es folgt die nächste Etappe in Richtung Grenzstadt Meghri. Wir fahren der azerbaidschanischen Grenze entlang, wieder eine Berg- und Talfahrt. Diesmal ist der Belag oft von tiefen Löchern durchsetzt. Auf armenischer Seite sehen wir immer wieder Bauarbeiten. Es werden entlang der Grenze zur Region Berg Karabach neue Bunkeranlagen mit Schützengräben gebaut. Bis 2023 wurde hier noch geschossen. Die Grenze ist teilweise nur wenige Meter von der Strasse entfernt. Auch auf azerbaidschanischer Seite sehen wir einige Bunkeranlagen mit Geschützen drin. Die Region hier ist offenbar immer noch nicht zur Ruhe gekommen. Hier vertraut niemand niemandem. So fahren wir nicht schneller als 35 km/h durch die bergige, bewaldete Gegend.

Naturkunde
Zehn Kilometer nach Tsav finden wir einen Stellplatz an einem Bach. Darüber führt eine uralte Steinbrücke. Ein Armenier kommt mit seinem roten Lada. Es ist einer der Ranger, der hier im Shikahogh Reservat arbeitet. Wir offerieren ihm einen Kaffee, er bringt uns aus seinem Garten Radieschen. Wir fragen, welche Tiere man hier beobachten könne. «Bären, Wölfe, Luchse, Hirsche, Rehe, Steinböcke und viele andere» sagt er. Er redet ein paar Brocken Deutsch. Als er sieht, dass wir Tee trinken, nimmt er mich kurzerhand mit, zeigt mir viele Kräuter entlang der Strasse, die wir nun trocknen werden. «Nun habt ihr Tee, bis ihr wieder in der Schweiz seid», lacht Artem. Dann zeigt er uns auch noch Pflanzen, die man essen kann. Wir werden also in dieser Gegend nicht verhungern und verdursten… Von Pia bekomme ich einen frisch gepflückten Blumenstrauss zu unserem 28. Hochzeitstag am 28. Juni. So feiern wir bei einem Glas armenischem Wein. Wir haben sicher schon besseren getrunken…

Zweimal auf über 2000 Meter Höhe
Heute Sonntag geht es als Erstes über den Shikahoghpass auf über 2200 Metern Höhe, um dann wieder auf fast 600 Meter hinunter zu fahren. Zuerst sind wir immer noch im Grenzgebiet zu Azerbaidschan, neue und alte Bunkeranlagen sind zu sehen. Die Passstrasse ist relativ gut ausgebaut, ab und zu hat es Schlaglöcher. Das Schöne ist, es hat keinen Verkehr. Die Gegend wird immer trockener. Unten angekommen, folgen wir direkt der iranischen Grenze. Der Grenzzaun steht unmittelbar neben der Strasse nach Meghri, auf den armenischen Wachtürmen stehen uniformierte Puppen. Es sieht von weitem so aus, als stünde dort ein Grenzsoldat.

Rien ne va plus
Wir halten am verlassenen Bahnhof von Meghri an. Alles zerfällt, altes Rollmaterial steht noch da, das Gebäude ist sich selbst überlassen. Hier nagt der Zahn der Zeit, eine Bahn fährt schon lange nicht mehr. Offenbar wurde der Betrieb mit dem Untergang der UdSSR eingestellt. Der Grenzort Meghri ist sehr überschaubar, ein paar Häuser und Tankstellen sowie Reparaturwerkstätten für die vielen vorbeifahrenden LKWs. Der Güterverkehr von und zum Iran scheint zu florieren. Wir essen in einem kleinen Café, dann fahren wir die Schlucht wieder zurück, diesmal auf der Hauptroute, wo all die LKWs fahren. Die Strasse ist nicht schön zu fahren, tiefe Spurrillen sind in der Fahrbahn. Immer wieder müssen wir einen schleichenden LKW überholen. Der Meghripass führt auf 2535 Metern Höhe. Wir parkieren zuoberst und bleiben eine Nacht.

Pia will etwas laufen gehen, wird aber bald abgewiesen. Hier im Dreiländergebiet Armenien, Azerbaidschan und Iran ist auf den Bergspitzen überall militärisches Sperrgebiet. Es schlummern wohl zu viele Geheimnisse hier im Boden…

Zorats Karer, das armenische Stonehenge.
Cowboy am Stellplatz in Tolors.
Wunderbarer Stellplatz am Tolors Stausee.
Shaki Wasserfall.
Kloster Tatew.
Iranische Grenze und verlassener Bahnhof in Meghri.

  1. Marie-Thérèse Maissen

    Lieber Franz
    Liebe Pia

    Ich wusste nicht, dass es in Armenien auch Stonehenge hat. Die von Zorats Karer sind sehr beeindruckend.

    Vorltan Hot Springs war wieder ein Highlight und ich gönne euch diese Bäder.

    Der Ranger des Shikahogh Reservats hat euch mit so viel Kräutern versorgt, dass ihr für Monate genügend Tee hat, wenn ihr sie büschelweise im Wagen trocknet. Wir kauften in den 60er Jahren die Kräuter auf dem Markt und liessen sie hängend trocknen, vor allem Pfefferminz.

    Liebe Grüsse aus Sardinien

    MT

Wir freuen uns über deinen Kommentar!

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..