Zwei Tage in Jerewan, schöne Schluchten

Veröffentlicht in: 2025, Reise | 3

Von Donnerstag, 19. Juni bis Sonntag, 22. Juni 2025

Gestern Abend sind wir nochmals zur Mutter Armeniens gelaufen und haben von oben der Stadt beim Eindunkeln zugesehen. Nach einer Fahrt auf dem Riesenrad haben wir uns noch ein Eis gegönnt.

Viel gelaufen
Heute steht der Besuch Jerewans an. Dazu laufen wir die Kaskaden hinunter in die Stadt. Die Kaskaden sind ein riesiges Kunstwerk, wo eigentlich Wasser hinunterfliessen sollte. Tut es bei unserem Besuch aber nicht. Ziemlich orientierungslos laufen wir durch die Strassen, trinken einen Café. Vor dem Parlamentsgebäude beim Platz der Republik gibt gerade ein Politiker Auskunft und redet in verschiedene Kameras. Ein Grossaufgebot der Polizei steht herum. So nehmen wir die Metro (kostet 150 Dram ≠ ca. 35 Rappen) zum armenischen Markt, der wie erwartet eher eine Enttäuschung ist. Da haben wir auf unserer Reise bedeutend schönere Märkte gesehen. Gleich nebenan essen wir in einem kleinen Restaurant, ehe wir wieder durch die Stadt laufen, am Vernissage Markt vorbei. Hier wird allerlei Touristisches angeboten. Es wird in der Stadt immer wärmer und wir immer müder. So lassen wir uns in einem Café mit Springbrunnen nieder, haben bereits wieder 15’000 Schritte in den Beinen. Für Pia ist es noch nicht genug, sie läuft die Kaskaden wieder hoch zum WoMo, ich nehme den Bus.

Kinderpicknick mit Folgen
Wir machen es uns auf dem Gras gemütlich, als eine Horde Kinder mit ihren Lehrerinnen und Müttern einfällt und gleich neben uns ein Picknick veranstaltet. Die zweite Gruppe wird ziemlich aufdringlich, bis wir dann die Notbremse ziehen. Denn Pia sieht, dass ein paar freche Jungs ins WoMo rein sind. Die Lehrerinnen stehen nur ratlos da, schicken anschliessend ein Mädchen, das «sorry» sagen muss. Ich gehe zu einer der Frauen und lasse sie über die App auf russisch wissen, dass sie den Kindern deutlich sagen soll, dass es nicht ok ist, in fremden Autos herumzuschnüffeln. Sie sagt ebenfalls nochmals «sorry», dann verschwindet die Gruppe schnell in Richtung Lunapark.

Wir trinken ein Glas armenischen Wein, dann gehen wir wieder wie gestern im Lunapark ein Eis essen, schauen auf die Lichter der Stadt hinunter.

Morgens kurz vor vier Uhr fahren zwei Autos direkt neben uns in den Busch und veranstalten Lärm. Als es hell ist, versucht ein Fahrlehrer mit einem Anfänger direkt vor uns verschiedene Brems- und Beschleunigungsmanöver. Zwei Aktionen, die das Land auf unserer Beliebtheitsskala nicht unbedingt nach oben schnellen lassen.

So verabschieden wir uns von Jerewan und stürzen uns in den chaotischen Verkehr durch die Stadt. War wohl eine gute Wahl, jetzt hierher zu kommen, denn in einer Woche soll es in Jerewan über 35° heiss sein. Nach über einer Stunde können wir Jerewan und das Verkehrschaos hinter uns lassen. Wir fahren in den Osten Armeniens, auf einer holprigen Nebenstrasse direkt der türkischen Grenze entlang.

Bunker, Blumen und Schmetterlinge
Als Erstes kommen wir beim Kloster Chor Virap vorbei. Ein weiterer Touristenspot in Armenien. Vor dem Eingang des Klosters werden wir Zeugen einer armenischen Verlobung. Das Paar scheint extrem jung und weiss irgendwie nicht, was mit sich und den vielen Leuten anzufangen. Es ist ziemlich heiss, einen geeigneten Stellplatz finden wir weder hier noch bei der nächsten Anlaufstelle. Die Hauptstrasse führt einen kurzen Moment über azerbaidschanisches Gebiet. Eine Exklave mitten in der bergigen Wüstenlandschaft. Praktisch überall sehen wir neue Schutzwälle und Bunker. Ganz zur Ruhe scheint der Konflikt zwischen Azerbaidschan und Armenien noch nicht gekommen zu sein. Beim Hell’s Canyon können wir unser WoMo abstellen und werden sofort von einem neuen vierbeinigen Freund empfangen, der uns auch auf der kurzen Wanderung zum Anfang des Canyons begleitet. Dort laufen wir durch viele schöne Blumen und Tausende Schmetterlinge.

Am Morgen fahren wir nur gut vier Kilometer bis zum Karalichsee, der knapp 500 Meter neben der Strasse liegt. Wir laufen einmal rundum. Viele Frösche springen ins Wasser und beobachten uns. Leider liegt hier an den zugänglichen Stellen sehr viel Müll herum. Bislang ist uns in Armenien aufgefallen, dass nur sehr wenig Abfall herumliegt. So verzichte ich auf ein kühles Bad und wir fahren weiter, wollen beim Angel’s Canyon parkieren und durch die Schlucht laufen. Leider wird daraus auch nichts. Beim Strassenbau wurde viel Schutt in den Canyon geschüttet. Bald kommen wir in Areni an, dem Weinanbaugebiet Armeniens. Das sieht man sofort, denn entlang der Strasse sind viele einfache Hütten aufgebaut, wo Wein in grossen PET-Gefässen angeboten wird.

Auf halbem Weg umgekehrt
Wir fahren erst einmal den Berg hoch in Richtung Karkop Kloster. Es geht steil hinauf. Auf halbem Weg entscheiden wir uns, wieder umzukehren. Denn erstens haben wir viele Klöster schon gesehen und zweitens ist es wohl eh nur noch eine Ruine. So lohnt es sich wahrscheinlich nicht, unser WoMo noch weitere elf Kilometer zu quälen. Wir halten am Strassenrand mit schöner Aussicht auf die Rebberge und auf die azerbaidschanischen Berge auf der anderen Talseite an und kochen. Bald kommt ein alter Truck mit Strassenarbeitern den Berg heraufgekrochen. Just bei uns wenden sie und halten an. Offensichtlich müssen sie das dürre Gras am Strassenrand stutzen. Sie kommen zu uns zum WoMo und möchten gerne einen Kaffee. Zwei sind neugierig und wollen das Innere unseres WoMos sehen. Nachdem sie den Kaffee getrunken haben, bedanken sie sich auf russisch und beginnen mit der Arbeit, zumindest einer von ihnen, wie das weltweit bei den Strassenarbeitern so gang und gäbe ist. 😝

Gut genährt …
Nach dem Mittagessen fahren wir los. Nach etwa 500 Meter halten uns die Strassenarbeiter an. Sie sitzen im Schatten ihres LKWs, sind grad am Mittagessen und bestehen darauf, dass wir auch mitessen. So gibts für uns ein zweites Mittagessen mit Fladen, Käse, Gurken und Tomaten. Dann sind wir endgültig unterwegs zum Kloster Noravank. Die Anfahrt ist spektakulär durch eine enge Schlucht mit hohen Felsen. Kurz vor dem Ziel finden wir am Bach einen Stellplatz. Auch hier werden wir von einer Familie empfangen, die uns auch wieder zum Essen einlädt. Diesmal können wir uns auf Englisch verständlich machen und sagen, dass wir schon zweimal gegessen hätten.

… und viel Müll
Der Platz ist ziemlich staubig und total vermüllt. Auch die Armenier lieben Picknick, lassen dann einfach alles liegen. So räume ich kurzerhand den Platz auf. Ein ganzer Abfallsack kommt zusammen. Es würde noch weit mehr liegen, aber rund um uns ist es nun einigermassen sauber. Ich bade in einem kleinen Pool, der gleich ums Eck ist, dann geht Pia den Berg hoch laufen. Ich bewache in der Zwischenzeit liegend das WoMo… 🤣😜 Als Pia zurück ist, badet auch sie im kalten Wasser. Sie hat für den Einstieg etwas länger als ich, bis sie dann für 0,05 Sekunden schreiend drin ist! 🤣😂

Perlendes Mineralwasser
Die Nacht auf dem Stellplatz war ruhig. So fahren wir wieder durch die eindrückliche Noravank-Schlucht zurück auf die Hauptstrasse. Unterwegs kaufen wir wieder ein paar Vorräte ein, dann biegen wir in eine weitere Schlucht ab. Wir steuern die natürliche Mineralsprudelquelle Gravi Dza an. Und wirklich, aus dem Brunnen kommt Sprudelwasser, wie Mineralwasser mit Kohlesäure. Wir stellen das WoMo ab und bleiben gleich den ganzen Tag. Wir sind hier oben vom Internet abgeschnitten, kein Empfang. Macht auch nichts. Pia geht wandern, ich wasche die Wäsche und die Teppiche im Mineralwasserbad. Immer wieder springe ich ins wunderbare Wasser im Bad. Bald bin ich nicht mehr alleine. Es ist Sonntag und viele Armenier geniessen das Bad ebenfalls. Was auffällt: Es sind praktisch nur Männer oder Knaben da, die Frauen müssen zuhause bleiben. Anders wars im Lunapark in Jerewan, da waren vor allem Frauen und Mädchen. So sind die Rollen hier in Armenien verteilt.

Nette Jungs
Eine Gruppe hat ganz viele Bierflaschen dabei, was ein Opfer kostet. Einer wankt ganz schön und muss von seinem Kollegen gestützt werden. Gegen Abend kommen nur noch vereinzelt Autos mit Leuten vorbei. Und als wir mit viel Ruhe rechnen, kommt ein Pick-up mit vier jungen Männern, fährt laut direkt ans Bad. Das verspricht, laut zu werden. Sie bauen eine riesige Musikbox auf ihrem Autodach auf. Wir atmen kurz tief durch. Doch es kommt ganz anders. Die Musik ist schön leise, die Männer laden mich zum Nachtessen ein. Ich nehme die Einladung an, obwohl wir schon gegessen haben. Ich «muss» einen Schnapps trinken, bald verabschiede ich mich. Die Nacht ist schön ruhig.

Eindrücke von Jerewan.
Armenische Verlobung beim Kloster Chor Virap.
Pia badet…
Kloster Noravank.
Mineralwasser Sprudelquelle Gravi Dza.

3 Antworten

  1. Regula und Sepp

    Liebe Weltenbummler
    Mit regem Interesse darf ich Eure spannenden Berichte aus fernen Landen verfolgen. Nicht allzu weit von Chamenei
    entfernt,scheint mir Eure Reise schon noch risikobehaftet. Wünsche Euch alles Glück auf Erden,die krieselnde
    Region gesund und unversehrt zu erleben und auch so zu verlassen.
    Geniesst`s und bereichert Euch an den bereichernden Eindrücken und Erlebnissen.
    mit herzl.Grüssen aus der heissen Schweiz, Regula & Sepp

    • Franz F. Feldmann

      Lieber Sepp, es freut uns natürlich riesig, wenn ihr mit Interesse unsere Reise verfolgt. Von der Politik spüren wir hier in der iranisch/azerbaidjanischen Grenzregion Armeniens zum Glück nicht viel. Wunderbare Gegend notabene! Wir hoffen, das bleibt so! Euch auch alles Gute!

  2. Marie-Thérèse Maissen

    Lieber Franz
    Liebe Pia

    Danke für den Bericht!

    Als ich seinerzeit 1985 in Armenien war, erinnere ich mich nicht, die Mother Armenia gesehen zu haben, nur noch an die herrliche Sicht von oben auf die Stadt und den Parlamentsplatz. So oder so scheint ihr viel mehr sowjetische Bauten zu sehen als ich damals. Ich weiss nur noch, dass ich viele Klöster sah.

    Lustig das Bad von Pia im kalten Wasser des Klosters Norawank!

    Die Schluchten und reichen Wasserquellen sind im heissen Sommer eine Wohltat für euch. Ich man es euch gönnen.

    Liebe Grüsse

    MT

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